Löcher




Willkommen Januar.
JETZT HEISST ES AUSHARREN BIS ZU DEN MAIGLÖCKCHEN.

Stricken. Kaffee trinken. Und manchmal fernsehen.


Zwischendurch dick eingepackt in das saukalte Nebelloch da draussen,
aber höchstens um kurz frische Luft zu schnappen.
Das hält doch keiner aus. Sowas.

Nebelloch.
Januarloch.
Zahnloch.
Ich mag keine Löcher.

Gerade dem Januarloch würde ich gerne von der Kante springen. Ich würde einfach runterspringen und im Mai wieder auf dem Spielplan erscheinen. So wie auf dem Leiterlispiel.
Aber eben, wir spielen nicht. Wir leben. 
Wenn ich über mein Leben nachdenke, haben überhaupt viele Dinge Löcher.

Mein Lieblings T-shirt.
Die Zukunftsperskektive.
Die neu gestrichene Wand.
Der Veloreifen.
Der obere Backenzahn. (Aua.)

Januar. Ein Monat voller Löcher.

Die meisten Menschen merken irgendwann in den kommenden Tagen,
dass sie immer noch im gleichen alten Leben sitzen.

Am Montagmorgen immer noch der Wecker klingelt.
Man immer noch nicht den Traumjob gefunden
und der Haushalt immer noch der Gleiche ist.
Man immer noch mit demselben unperfekten Körper ins Bett fällt.
Man weder ein Schmetterling geworden
noch einen Schönheitswettbewerb gewinnen wird.
Im Gegenteil:
die grauen Haare mehr geworden
und die Gelenke steifer sind.
Dass man über Nacht nicht berühmt
und man immer noch auf der gleichen kleinen Bühne auftritt.
Das Geld zum Ausgeben weniger,
die Träume aber geblieben.
Seufz. (Es wird leider keine neue Nähmaschine in nächster Zeit geben.)

Es wird einem klar:
Träume hat man zu Grabe getragen.
Man ist keine Primaballerina geworden
und hat immer noch kein Instrument gelernt.
Man hat sich im Englisch nicht verbessert
und man wird vermutlich nicht auf Weltreise gehen.
Man realisiert, dass der Partner nicht anders
und man selbst auch noch die Gleiche ist.

Ja, so manches Loch holt uns im Monat Januar ein.

Als ich so in meinem Sessel sitze, über alles nachsinne und Löcher in die Luft starre, nimmt die Zufriedenheit in mir ab wie ein in sich zusammenschrumpfender Apfel.

Aber als ich aufhöre über die Löcher nachzugrübeln, und mich gedanklich davon entferne, irgendetwas müsste besser sein, was ich meine müsste besser sein,

kommt langsam Zufriedenheit und Genügsamkeit zurück. 

Mein Sohn bekommt endlich den ersten richtigen Zahn.
Meine Tochter ist handzahm und fröhlich und kocht für uns alle Spiegeleier.
Mein Mann ist attraktiv und lieb zu mir und drückt mir jeden Abend die Hand.
Meine Besitzansprüche sind überschaulicher.
Die grauen Haare lassen sich übertönen.
Mit dem Job klappt es sicher dann irgendwann mal.
Mein Speckröllchen sind weich und weiblich 
und tanzen kann ich auch ohne eine Primaballerina zu sein.

Es ist nicht alles tibitobi. Aber auch vieles sehr gut. 
Und eines weiss ich sicher: schon bald wird es auch wieder Mai.

Aber zum Zahnarzt muss ich dann vielleicht doch mal. 
Frohliches Neues 2018. 

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