Nüt esch für immer

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Schluss, fertig, aus.

So vieles im Leben hat ein Ablaufdatum.
Die Kartoffelstockpackung vom letzten Jahr,
das abgelaufene Joghurt im Kühlschrank,
die welken Rosen auf dem Tisch,
der frisch gefallene Schnee,
und neuerdings auch mein heissgeliebter Job.

Und heute ächzt mein Handy.
Das Alter macht sich bemerkbar.
Es atmet aus den letzten Tönen und lebt mit den paar letzten Prozenten Energie.
Akku futsch. Leben ausgehaucht.

Ich versuche dieses Kabel. Ich teste jenes Kabel.
Ich versuche den Akku zu wechseln.
Aber schlussendlich muss ich dem Handy mitleidig zugestehen:
"Auch du darfst mal sterben."

Doch sorgen muss ich mich ja zum Glück nicht.
Kartoffelstock und Joghurt? Die esse ich einfach trotzdem und schwöre mir,
nächstes Mal weniger zu kaufen.
Und die Blumen? Bekomme ich sicher wieder mal...
Das Handy? Muss ich mich drum kümmern. Oder mein Mann.
Der Schnee? Kommt vielleicht noch mehr, juhee.
(Und sonst spätestens nächstes Jahr.)
Ich kann mich vertrösten. Es lässt sich leichter wegstecken.
No Problemo.

Mit solchen Dingen

Belanglosem und Erneuerbarem

damit,
ja damit lässt es sich wirklich einigermaßen fröhlich weiterleben.
Weil ich weiss,
dass ich es ersetzen
wiederholen
kaufen
suchen
kann.
Easy-peacy.

Doch es gibt auch vieles anderes was zum Ende kommt. Was fertig ist. Wo Schluss ist. Was nicht zu ersetzen und nicht zu erneuern ist.
Da ist mal zum einen unsere liebe Welt. Klar. Da sind wie alle gefordert..
Aber es ist etwas anderes was mir bewusst wird:

Während ich meiner Tochter die Nägel schneide, wird mir klar, dass dies wohl noch einige der wenigen pflegerischen Zuwendungen ist, die ich ihr mit bald 10 Jahren noch zukommen lassen darf und sie von mir machen lässt.

Ich schneide gekonnt am Nagel entlang.
Da zuckt der Zeh.

"Autsch", blickt sie mich empört an und zieht den Fuss aus meiner Umgarnung:
"Nächschts Mal mach ichs selber!"

Ich bin in Gedanken mit de Hand abgerutscht.
"Sorry."
Der Nagel hat nun eine scharfkantige Ecke drin, knapp am Nagelbeet vorbei.

Puh, denke, ich.
"Nüt isch für immer."
Es ist auch gut, wenn gewisse Dinge nicht für immer sind.
Dann kann man sich irgendwann zurücklehnen und sich anderen Dingen zuwenden.

Meine Nägel hätten es auch nötig.

Loslassen. Nicht Aufgeben.
Sondern Übergeben.

Gibt es auch etwas was du am festhalten bist, und dir gerade grosse Mühe bereitet, loszulassen?
Teil es mit mir.





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