Weniger

Es ist etwas ungünstig für die Industrie, 
wenn sich die Menschen zu Weihnachten nur Achtsamkeit und Anteilnahme schenken. 
Aber man kann es halt nicht allen Recht machen. 



Eigentlich plante ich so  kurz vor Weihnachten etwas Schönes über das Fest der Liebe schreiben. Etwas über die herrliche Adventszeit, den Seelenfrieden oder das Schmücken des Weihnachtsbaumes. Mir ist aber gerade gar nicht nach Lebkuchen, Kerzenschein und Engelsgesang. "Oh du fröhliche" verschiebe ich mal auf das Wochenende. 


Ich nehme Fitzenhiebe für die folgenden Sätze entgegen, dafür  verspreche ich: 
Das nächstes Mal bin ich wieder artig. 


Und?
Hast du schon alle Weihnachtsgeschenke gekauft?
Was gibt es zu Essen bei euch an Weihnachten?
Was wünscht du dir zu Weihnachten?

Wir haben nun extra Lachs im Angebot, für nur 12.00 Franken, sagt die Migros.
Haben Sie schon die neuste Weihnachtsbeleuchtung? Kleine Schneemänner die der Wand entlang tanzen. Auf und ab. Mit einem Laser an die Wand ge-beamt. 149.- Franken sagt der Manor.
Leckere Weihnachtsrezepte zum einfach nachkochen, sagt Betty Bossi. Mit Crevetten und Mango, Entenbrust und Tahinipaste.
Christbaumschmuck in pink, dass wäre doch mal was für dieses Jahr, sagt der Coop.
Guten Tag. Schönere Weihnachten gibt es nur mit schöner angezogenen Menschen, sagt der C&A.

Oja.
Mein Weihnachtsschmuck ist zusammengewürfelt und überhaupt nicht einheitlich. Ich hätte gerne einen schön farblich abgestimmt geschmückten Baum. Aber eben. 
Ich hätte so gerne ein raffiniertes Weihnachtsessen, Hauptsache nicht nullachtfünfzehn. Mit verschiedenen Zutaten, damit ich alle überraschen kann. 
Und ich hätte gerne wieder mal ein schönes Kleid oder einen neuen Haarschnitt. Das würde doch passen für das Weihnachtsfest.
Und ich hätte zu Weihnachten auch ganz gerne brave Kinder, die nicht rumtoben und laut sind. Herrje. 

Weiter kämen unter den Weihnachtsbaum:
- neue Ski
- eine neue Winterjacke (die alte ist abgewetzt)
- mehr praktische Küchenuntersilien wie Kräuterhäcksler oder scharfe Messer
- einen neuen Lippenstift
- neue Stühle
- eine neue Nähmaschine
- einen grossen Batzen Geld für Stoff
- ...
Die Liste meiner Wünsche ist unendlich.
Unersättlich lang. 





Ich blättere alles durch und merke wie meine Gedanken hängen. Ich erblicke auf einem Bild die Krippenfiguren, das Jesuskind gewickelt, der fröhliche Josef und die demütig lächelnde Maria. 

Wie wärs mal mit etwas weniger.
Jesus im Stall. 

Wie wär es mal mit etwas weniger aufgetragen. 
Gott wird einfacher Mensch.

Wie wärs mal mit weniger Ich. 
Es geht um Gott.

Wie wärs mal mit etwas weniger.
Grundsätzlich.

Weniger Prunk und Luxus.
Weniger Glanz und Gold.
Weniger Kitsch.
Weniger Fleisch. 
Weniger Wein. 
Weniger Geschenke. 
Weniger Exotische Lebensmittel, hergefrachtet und geflogen aus aller Welt. 
Weniger Kleider.
Weniger ich will, ich wünsche, ich möchte.



Dafür mehr ungeteilte Aufmerksamkeit. 
Mehr Herzlichkeit. 
Mehr Erdenverbundenheit.
Mehr Geschichten.
Mehr Umarmungen.
Mehr Einfachheit. 

Sorry, Leute.
Ich bin nicht in Weihnachtsstimmung. Ich frage mal Gott im Himmel, ob er mir auf Weihnachten etwas Zuversicht unter den Weihnachtsbaum legen kann. Ob es noch Hoffnung gibt, dass es mit der westlichen Menschheit wieder anders wird. 
Die Hoffnung bestand bereits vor 2000 Jahren. Dafür kam das Kind doch. Also müsste er doch noch Hoffnung übrig haben. 

Ich klopf mal an, da oben. 

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