Insel

Es gibt einige Insel im Leben, die lassen einen nie mehr los. Auf einigen war ich schon. Auf anderen noch nie. Einige verlässt man gerne wieder. Auf anderen möchte man sich am liebsten auf ewig niederlassen. Es riecht nach Heimat.



Insel haben so etwas an sich. Sie sind von Wasser umgeben und du kommst nicht so einfach dahin. Es sei denn du steigst in ein Schiff oder in ein Flugzeug. Insel haben so etwas Eigenständiges, Unabhängiges an sich. Ich mag Inseln.

Sardinien, war ich schon einige Mal in den Ferien.
Neuseeland, war ich noch nie, ist aber ein Traum in weiter Ferne.
Ischia, war schön, aber eine verschwommene Wolke in der Vergangenheit.


Und dann gibt es da noch eine Insel im kälteren Westen, Irland, meine zweite Heimat.
Ich glaube nicht an Wiedergeburt, aber ich habe sicherlich ein keltisches Gen.
Das Raue, die Schafe, das Grün, das Bier, die Sprache und das Wetter bin ich eigentlich in Reinkultur.
Wer mich verstehen möchte, sollte sich einmal mit Irland auseinander setzen.

Heimat.
Irland.
Insel.

Und die ich soeben zum dritten Mal bereist habe. Dabei aber nicht alleine, sondern mit dem Menschen, der mir Heimat im Leben gab. Meiner Mutter.
Ich komme beeindruckt zurück. Nicht nur von der Insel.



And so the story begins....

Wir landen an einem windigen Tag in Dublin.
Wir mieten ein Auto und machen uns auf eine Rundreise.

Sie lässt mich gerne fahren. Auf den linken Strassen. Und sie ist mein perfektes Navigationssystem.
Hier "Achtung". "Schau, es wird rot." Und "links, links, halte links" sind Sätze die sie mir als Anweisung gibt um ja nicht in einen Unfall zu bauen. Ich bemerke wie ihre Füsse manchmal die imaginäre Bremse drücken und entschuldige mich sogleich für mein etwas sportlichen Fahrstil. Ich fühle mich zurückversetzt in meine Kindheit, wo sie mir auch Anweisungen gab. Richtig gute sogar. Und für die ich ihr bis heute dankbar bin.

Wir suchen die schönsten Orte dieser Küste.
Wir machen Selfies und Fotos von uns. Bin ich auch noch 5 Meter vom Abgrund entfernt ist sie besorgt um meine Sicherheit. Uh, pass auf.
Wir freuen uns aneinander und übereinander.

Sie spricht mit allen irischen Menschen. Das Englisch scheint noch gut in Form. Ich tue mich indessen eher schwer mich mit einigermaßen anständigen Sätzen verständlich zu machen.
Sie hingegen quatscht mit allen in breitem schweizerischen Englisch....slowly and clearly

der Guesthouse Lady
den Wanderern
dem Sicherheitsbeamten
und "Paul", der uns immer verfolgt.
Es gibt immer wieder Probleme in der Verständigung, aber sie bewältigt diese mit Elegance, Humor und Persistence. (Eleganz, Humor und Beharrlichkeit).

Weil die Leute unseren Humor einfach nicht verstehen wollen.
Sogar unseren nice swiss accent nicht.
Oder weil wir sie nicht verstehen können weil die wichtigen Zwischentöne verschluckt und nicht ausgespuckt werden. Manchmal hängte ich im Gespräch ab, und schaute ihr interessiert zu, wie sie sich Mühe gibt zu verstehen. Als ich sie dann nachher fragte: "und, weisst du jetzt wohin?" und sie meinte, "hmmmjaja" wusste ich, das wir genauso viel wissen wie zuvor. Irländisch- Englisch ist nichts für Schweizer mit Schulenglisch-Kenntnisse.



Einmal wurde sie so richtig böse. Und ich musste fast weinen.
Wir sassen am ersten Abend, nicht unweit von Dublin in einem Pub, und warteten bereits seit einer Stunde auf unser Essen. Das Pint bekamen wir, doch vom Essen keine Spur.
The restaurant was very busy because of a wedding.
Als anständige und geduldige Schweizerinnen warteten wir, und warteten wir, und nippten an unserem Guiness.
Als die Kellner dauernd an uns vorbei liefen, alle anderen um uns das Essen bekamen und niemand nach unserem Befinden erkundigte, wägten wir ab,  aufzustehen und das Restaurant hungrig zu verlassen. Sie sprach dann irgendwann einen Kellner an und der wunderte sich, versprach aber, dass das Essen in 2 Minuten kommen wird. Wir warteten und warteten. Die Kellner kamen nicht mehr. Die Minuten verstrichen. Ich musste aufs Klo.  Als ich zurückging, sah ich hilflos, wie meine Mutter gestikulierend ein junges Mädchen in Beschlag nahm und auf sie laut einredete. Diese schaute hilflos umher und brachte kaum ein Wort heraus. Och, herrje. Ich versuchte die Situation etwas zu entschärfen. Ich hatte total Erbarmen mit dem armen unschuldigen Ding.
Hungrige Frauen sind kein gutes Omen, merke dir das.

Jetzt kam aber dann zackig unser Essen, aber es war kaum essbar. Aber weil wir so nette und höfliche Menschen sind und ausserdem sehr hungrig waren, verschlagen wir die furztrockenen Hamburger und verliessen eilig das Restaurant. Nobody s perfect. Auch meine Mutter nicht. Auch ich nicht.

Wir genossen es zusammen den Sonnenuntergang zu bewundern.
Wir genossen es fein Essen zu gehen.
Über alles zu reden. Auch über Sex.
Es war rundum eine Runde Sache, unsere Rundtour.
Meistens jedenfalls.


Auch einem Engel begegneten wir.
Einmal hatten wir einen Platten mit dem gemieteten Auto.
Ein Mann hielt mit seinem roten Lieferwagen. Wir waren gerade erst am Verdauen der unangenehmen Tatsache und sassen regungslos im Auto. Meine Mutter nahm das Handy und versuchte dann die Zentrale zu erreichen.
Er stieg aus und wechselte in sekundenschnelle das kaputte Rad gegen den Ersatzreifen aus.
Er wollte nichts dafür. Kein Trinkgeld, keingarnichts. Er hat sich den Finger blutig gekratzt und sich sicher einen Schnupfen geholt. Es hat nämlich in Strömen geregnet.
Wie er gekommen war, so schnell verschwand er auch wieder.


Als wir dem Servicemann beim Zurückgeben des Autos von unserem Vorfall erzählten, und meine Mutter sagte "we met an angel" kam es mir so vor, als ob ich plötzlich dreissig Jahre zurück katapultiert werde und als kleines Mädchen die Situation beobachte. Ja, ich nickte,
wahrlich so ist es.
Blicke meine Mutter mit grossen Augen an. Die Insel zu bereisen war schön.
Mit dir aber noch schöner. Und es stimmt.
Engel gibt es auch heute noch.
Das ist genauso Fact wie ich mich bei dir immer noch sehr wohl fühle.
Und du bist und bleibst für mich meine eigene persönliche Insel auf die ich immer wieder gerne zurückkomme.
Danke.



















Kommentare

HMS hat gesagt…
War eine super Zeit mit dir Eva! Würde sofort wieder gehen, und einen Engel mitnehmen! Ha dich lieb. Mami

Lieblingsposts