Überraschung

Eine Überraschung ist immer toll,
sollte man überhaupt mal eine bekommen. 



Man kann noch lange mit offenen breit ausgestreckten Armen umherlaufen und darum bitten, 
endlich wieder mal überrascht zu werden.  
Weil dann wäre es ja keine Überraschung mehr. 
Es wäre ja oberdoof, würde ich in meinen Freundeskreis ein WhatsApp rum schicken, 
"hey, Leute, überrascht mich wieder mal." 
Nö. Und überhaupt will ich ja keine Überraschung aus Mitleid, weil meine Überraschungsbilanz in letzter Zeit mager ausfällt. 
Überraschungen sind nur dann gut wenn sie einen wirklich überraschen. 

Aber darauf zu warten, weil man Überraschungen einfach liebt, macht ja auch keinen Sinn. Würde ich einfach im Bett am morgen liegen bleiben, nur weil ich innigst darauf warte, von einem zu mir ans Bett getragenen Kaffee überrascht zu werden, würde das auf überhaupt kein Verständnis stossen. "Mami, wotsch ned ufstah?" würde meine Tochter dann fragen. 
Und ich: "weisst du was, ich warte auf eine Überraschung in Form einer Tasse Kaffee."
Die würde sich doch glatt an den Kopf tippen.

Auch mit meinem telepathischen Bohrblick funktioniert es nicht immer die Überraschung herzuzaubern.
An der Kasse bohre ich schon ab und zu mal meine Augen in den Rücken der Person vor mir, weil ich nur zwei Sachen zu bezahlen habe, sie jedoch einen Wagen voll. Wenn sie sich doch nur endlich umdrehen würde. Wie ein Mantra murmle ich dann vor mich hin: lass mich vor, lass mich vor. Es wäre so nett du würdest mich vorlassen. Aber eben. 
Erwartete Überraschungen bleiben oft leere Erwartungen.

Es gibt aber auch diese Überraschungen die bei einem höchstens noch ein Gähnen auslösen. 
Zum Beispiel die jährlichen Osterhasen. Oder die Adventskalender. Die Geburtstagsgrüsse auf Facebook. Die Pizza Surprise. Die Kindergeburtstagsparty. 
Wobei es dabei auch zwischendurch die bösen Überraschungen gibt. Die sind manchmal auch nicht schlecht. Kommt darauf an was man dem abgewinnen kann. 
















Apropos böse Überraschung und Geburtstagsparty:


Meine Tochter feierte letzte Woche ihren 8. Geburtstag. 
Ich hatte alles vorbereitet. Bis ins kleinste Detail. 8 Mädels und der Bruder mittendrin. 
Alles lief glatt. Die Spiele. Der Geburtstagskuchen. Das Singen. Die farbigen Brot-Tiere formen.
Alles im Griff. Bis ich dann die liebevoll gestalten Brotschnecken und Schmetterlinge ihrer Bestimmung im Backofen zuführte. Als ich vom Spielen draussen wiederkam, waren allesamt steinbickelhartgebacken. 
Bestenfalls konnte man sie noch als Wandschmuck gebrauchen. Oder zum Erschlagen eines Eisbären. Oder als Knabberspass.

Die bösen Überraschungen bringen zutage was wirklich in uns steckt. 
Es war mir unendlich peinlich. Hätte sich in dem Augenblick einen Abgrund aufgetan, ich wäre noch so gerne hinunter gesprungen. Oder hätte mich gerade so gerne in die Wüste gewünscht. 
Der Anblick dieser verbackenen trostlosen entwürdigten Brot -Tiere brachte mich fast zum Weinen. 


Ich könnte jetzt 
A) so tun als müsste das so sein 
B) die Tiere einfach verschwinden lassen und eine Geschichte über entlaufenen Tiere erfinden 
C) die Kinder in den Arm nehmen und eine Lösung suchen

Ich entscheide mich natürlich für die letzte Variante.
Ich nehme also alle Mädels in den Arm. Gruppenknudeln. Entschuldige mich ganz fest. Mache einen Witz. Alle lachen. Und ich organisiere einfach ein paar Süßigkeiten zu den Brotsachen. Dann sind alle wieder glücklich. Als dann mein Bäcker im Haus noch sagt: "schön knusprig gebacken", ist auch bei mir die Welt wieder in Ordnung. 

Böse Überraschungen lehren uns grossherzig mit uns und anderen zu sein.
Die Besten sind aber schon die schönen Überraschungen. 
Und diese können jeden Tag passieren. 



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