Sündhafte Banane

Heutzutags muss man ja als Hausfrau so einiges drauf haben. Im Bereich Ernährung, dachte ich jedenfalls bis anhin, kenne ich mich aus. Meistens zumindest.

Doch zurzeit lässt sich ein Gefühl kaum mehr Abschütteln: weder beim Einkaufen, noch beim Kochen, weder beim Znüni Packen noch beim Surfen im Internet.

Die Verwirrung.



Letzthin wollte ich meinem Sohn zum Znüni eine Banane einpacken.
Er ruft sofort: Nei, Mami, das döfed mir ned."
 Ich schaue ihn etwas schockiert an.
"Wieso ned" frage ich.
"D Frau Schneebeli heds gseit."
"Aber Bueb, Banane esch gsund."
Hat Vitamine, viel Kalium, Energie, alles was er für einen Morgen im Chindsgi braucht. "Chum, das goht scho."
Aber an ihm und seinem todernsten Blick ist kein Vorbeikommen.
Ich stecke die nette lächelnde Banane mit der Power Portion Energie weg.
Okay. Banane ist jetzt schlecht. Banane ist ungesund. Banane gehört jetzt in die Kategorie Znüni-Sünden. Alles klar.
Ich glaub mich pickst der Stinkstiefel. Ich bin irritiert.

Klar, Banane hat auch Zucker. Klar, die klebt an den Zähnen. Klar, die Zahnbürste ist auch nicht im Chindsgi. Das alles ist mir auch schon klar. Und dennoch, von einem Bissen Banane ist noch kein Kind gestorben.

Wer hat meinen Sohn so verdreht, denke ich, und beginne kopfschüttelnd wieder einmal ein Rüebli zu schälen.

Das Gefühl verfolgt mich.
Was früher in der Früchte Gemüse Abteilung eine Sache von 2 Minuten war, wird zurzeit zur echten Herausforderung die in ihrer Komplexität kaum mehr zu überbieten ist.
Da stehe ich zurzeit wieder einmal mehr im Laden und überlege hin und her. Zwischen Aktionen und Bio Produkten. Zwischen gezüchtetem Kopfsalat aus dem Schweizer Treibhaus und zwischen den Bio Papayas aus Brasilien. Zwischen Baumnüssen aus Polen und Avocados aus Südafrika.
Ich weiss nicht mehr weiter. Worauf ich achten soll. Ich bin verunsichert.

Als Mutter hat man es schon schwer genug alles unter einen Hut zu bringen. Es ist kompliziert genug. Ich brauche aber keine Kinder denen ich auch bei gesunden Dingen das schlechte Gewissen ausreden muss.


Die ganze Tragweite zeigt sich dann beim Einkaufen und bei der Zeit die ich dafür aufwenden sollte.

Die Lebensmittel sollen sein:

A) gesund
sicher kein Zucker, Zucker ist Sünde, also selbst in der Banane

B) frisch
im Kühlschrank gehen die Vitamine raus ....sollte ich also jeden Tag einkaufen gehen oder was?

C) saisonal
Keine Erdbeeren im Frühjahr. Welche Frucht hat Saison im Februar, bitteschön?

D) mit möglichst wenig / gar kein Fleisch
damit bin ich einverstanden.
Wann, dann Biofleisch....teuer,teuer, teuer
Also weniger Fleisch. Dafür vielleicht Käse.

E) keine tierischen Produkte
Käse fällt also auch weg. Tierische Fette sind nicht unbedingt gut für den Körper, sagt man.

F) regional
keine Mangos die mit dem Flugzeug kamen, dafür aber Äpfel aus der Schweiz die seit Monaten im Kühlhaus gelagert wurden, das dann schon.

G) den Kindern schmecken (das ist dann in der Quintessenz das Schwierigste an allem)

H) abwechslungsreich
Also nur jeden zweiten Tag Teigwaren.... Es gibt auch Kartoffeln, Ebly, Quinoa, Reis, Risotto, Gersten, Linsen.
Versuche das eine oder andere zwischendurch mal einzubauen. Wenn es schnell gehen muss, was des öfteren leider der Fall ist, Teigwaren.

I) einkaufen ohne zu verschwenden
Datum muss gelesen werden. Beim Wocheneinkauf gar nicht so einfach.

J) ungespritzt sind
Pestizide sind wäh. Also Bio. Bio ist aber teuer, und die Dinge werden schneller faul.

K) ohne viel Verpackung ....
Plastik ist verschweißte Scheisse für die Umwelt. Neuer aufkommender No-Waste Lifestyle.
Nehme immer die Stoffsäckli mit damit ich auf die Plastik Säckli verzichten kann. Darauf bin ich stolz.

L) eigene Ansprüche wie günstig
dann greife ich doch zur Mango, weil diese eben gerade Aktion sind. Das Dilemma ist perfekt.

Man fände sicher 26 Faktoren die es in Sachen Ernährung zu beachten gäbe. Das ist doch einfach nicht mehr gesund. Ich meine damit unsere Einstellung.

Den Nagel auf den Kopf trifft meine Tochter, die einmal am Mittagstisch behauptete, jede Person von uns isst jeden Tag fast 40 Würfelzucker. Die Zahnputzfrau hätte das gesagt.
Schokiert blickten mein Mann und ich sie an. Wir versuchten dann die Sache diplomatisch etwas zu relativieren. Mein Mann, mathematisches Genie, rechnete ihr vor. Aber sie wollte einfach nicht einsehen, auch gegen offenkundige Logik nicht, dass diese Behauptung nicht stimmen kann. Alles endete in einer frustrierten Tochter, die weinend vom Tisch lief und die Tür schletzend hinter sich zu warf.

Das kann es doch nicht sein. Oder.

An alle Zahnpastafrauen, Zahnputzfeen und andere heilige Ernährungsmissionare:
hört auf mit dem Blödsinn. Einmischung bitte nur mit dem Millimeter Maas. Es reicht.

Wir sind Eltern. Und wir wissen was für unsere Kinder gut ist. Auch in der Ernährung. Wir brauchen keine Hirnrissige Forschungsstatistiken, die uns das Leben noch zusätzlich schwer machen.
Unterstützt die Kinder lieber wieder mal mit einer Pausenäpfel Aktion. Oder mit einem gesunden Glas Gratis Milch vom Bauer. Das wäre mir weit lieber.
Punkt.




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