Klitzekleine Kleckereien
„Mami, die nächsten Stunden darfst du nicht in die Küche.
Verstanden. NICHT IN DIE KÜCHE.“
Zack, und damit wird mir die Türe vor dem Gesicht zugeknallt.
„Ohwehhh“, mir schwand böses.
Meine Tochter will wieder mal backen. Zusammen mit ihrer
Freundin.
Nicht erst seit dem ersten Advent: nein, seit Wochen und
Monaten nutzt sie ihre freie Zeit oft um mit mir, ihren Kolleginnen oder allein
zu backen.
Wer jetzt sagt: „oh, süss“, der sollte sich mal in meine
Lage versetzen.
Süss sind die Muffins, oh-ja, aber der Gedanke an das
Schlachtfeld, die klebrigen Kinderhände und vor allem an das damit verbundene
nachträgliche Putzen stößt bei mir sauer auf.
Vielleicht lässt sich das noch wenigstens für heute
verhindern.
„MOOOOMENT“, gebe ich zurück und stosse ebenso vehement
die Türe wieder auf. „Was habt ihr vor?“
„BACKEN. MUFFINS“, kommt’s zurück.
„Habt ihr ein Rezept? Das hier? AHA: Aber dazu braucht es
6 Tafeln Schokolade…seid ihr wahnsinnig. „
„Ob man das Backpulver weglassen kann… Nein, man kann
nicht einfach das Backpulver weglassen, wenn im Rezept Backpulver steht…
„
„Nur 3 Eier, ja dann ist eines zu wenig…trotzdem
versuchen…. grummel, grummel…. „
„Ob du alle deine Freundinnen zu uns zum Backen einladen
darfst? Nein, das geht nicht….“.
„Und für wen wollt ihr eigentlich backen? ….Muffins für
die ganze Klasse? Och, warum nicht gleich für die ganze Schule….“
Meine herzensgute, großzügige Tochter schaut mich mit
ihrem bestens einstudierten Dackelblick an. „BIIIIITTEEEEE. Und wir räumen auch
wieder artig auf, VERSPROCHEN.“
Wie ein trotzender Teenager stehe ich mitten in der
Küche, die Arme verschränkt, und mache keinen Schritt aus meinem Reich.
„Ok, aber es wird alles BLITZBLANK geputzt. Tochterehrenwort!“
„Ja, klar“.
Wiederwillig lasse ich mich rückwärts aus der Küche
bugsieren.
Die nächsten Stunden tigere ich immer wieder mal vor der
Küche hin und her. Ich höre es rattern,
mixen,
kichern,
schlagen,
reiben,
schlecken,
flüstern und zwischendurch mal singen.
Wunderfitzig schiele ich durch den Schlitz. Ich sehe nur
zwei Rücken. „Ob das was wird“, überlege ich und denke dabei an die letzten eingefallenen
Schokodinger von letzter Woche, die meine Tochter gebacken hat.
Essbar waren sie, nur schlucken konnte man sie nicht.
Jetzt geht es vorwärts. Ich sehe wie die zwei hantieren
und sich zum Backofen drehen.
Bewaffnet mit den übergroßen Backhandschuhen stellen sich
die zwei Mädchen erwartungsvoll vor dem Backofen auf.
Es piept.
Mit Schwung wird jetzt die Backofentür aufgezogen. Die
Freundin holt die Muffins aus dem Ofen und knallt sie hitzerauchend auf den
Tisch. Ich kann nichts erkennen. Riechen tuts jedenfalls gut.
Ich wende mich wieder meiner Arbeit zu. „Studiere nicht,
lasse sie machen,“ ermutige ich mich selber. So als pädagogisches Mantra,
welches ich bereits aufwendig aufsagen gelernt habe.
Ein bis zwei Stunden später präsentieren mir die zwei
Mädels nicht nur frische Schokoladenmuffins sondern auch eine geputzte Küche.
„Nicht schlecht“, denke ich. „Hat ja doch nicht schlecht
geklappt. „
Zum Nachtisch werden mir also wunderbare süße tiptop
gebackene Muffins aufgetischt. „Da, Mami“. Ein Versucherli für dich!“
Meine Tochter streckt mir ein Muffin hin, direkt vor meine
Klappröhre. „Bitte probieren“.
Skeptisch beiße ich hinein. Nicht schlecht. „Momol, habt
ihr gut gemacht!“
„Man sollte doch auch mal zwischendurch loben“ und denke
an meinen Jahresvorsatz vom Januar.
Am nächsten Tag, halb 12
vor dem Mittagessen:
Ungeduldig warte ich auf das Aufheizen des Ofens, damit
ich den Kartoffelauflauf hineinschieben kann.
Ich bemerke, wie der Ofen zu rauchen beginnt.
„Was ist denn hier los“, denke ich und reiße entgeistert
die Backofentür auf.
Es qualmt schwarz und stinkend aus dem Ofen. „Backekleister“!!!
Am Boden des Ofens sehe ich einen großen schwarzen
eingebrannten Fleck.
Eins weiß ich: Vorgestern war der noch nicht da.
Mühsam muss ich jetzt zuerst den Ofen putzen, bis ich das
Gratin hineinschieben kann. Das Mittagessen verspätet sich für heute.
Am Mittag frage ich meine Tochter: „Ist euch gestern beim
Backen im Ofen etwas ausgeleert?“
„Ja, nur ganz wenig und wir haben es blitzblank geputzt.“
„Was verstehst du unter „Blitzblank“, wenn ich
heute auch noch eine Viertelstunde den Backofen geputzt habe?“ Fragend blicke
ich sie an.
Sie zuckt nur mit den Schultern und meint lapidar:
„Naja, vielleicht doch nicht ganz blitzblank.
Aber versprochen, morgen machen‘s wir NOCH besser!“
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