Vom Eislaufen und anderen Überwindungen

Heute hiess es: auf die Kuven, fertig, los.


Meine Tochter wünschte sich schon lange wieder mal nur "Mami-Zeit". Das heisst: Zeit nur mit mir.
Der orange Brief hing schon seit geraumer Zeit in der Küche. So zusagen ein Gutschein zum Einlösen von ihr. Vorwurfsvoll hing er da, wochenlang, stumm und anklagend.

"Mami, jetzt machsch endlich mal öppis mit mir!" kam letzte Woche der Befehl mit gestrecktem kleinen Zeigefinger, der gnadenlos auf mich zeigte.
Ich befahl meinen Gesichtsmuskeln sich anzuspannen und endlich in die Form eines netten Lächelns über zugehen. "Okay, na, klar, machen wir."
Kannste deiner Tochter nicht immer alles abschlagen, wenn sie den Kommondant heraushängt.

Soweit, Sogut.



Aber ich, gewitzt wie ich bin, wusste sofort mit welcher Idee sie
gleich kommt.
"Alles ausser Reiten", erwiderte ich postwendend und
hoffte in dem Augenblick die Schlimmste aller Möglichkeiten
für einen anstrengenden Nachmittag in weite Ferne
verbannt zu haben.

"Denn gönd mir halt go....Schliffschüendle". Augen Klimmper, klimmper.
Brummel, brummel. Lust habe ich eigentlich keine, aber immer noch besser als mich mit einem verfressenem Pony und einer nervendem Kind rumzuschlagen: "Traben, Mami, Traben will ich! Schneller, Mami, renn Schneller, Mami,." Ächz.

Die Erinnerung holte mich glücklicherweise schnell in die Gegenwart zurück.
Also, gehen wir halt auf das Eisfeld.

Beim Packen der Sachen für das Schlittschuhlaufen gingen mir folgende Gedanken durch den Kopf:
Hoffentlich fällt sie nicht zu fest auf die Knie. Hoffentlich will sie mehr als eine Runde drehen. Und was mache ich, wenn meine Tochter zu wenig angezogen ist und friert? Sorgen über Sorgen. Wären wir doch besser ins Hallenbad gegangen.

Als wir dann endlich auf dem Eisfeld ankamen, kam eine Wandlung in mich.

Plötzlich hatte ich Lust, das wiedermal
auszuprobieren. Es ist schon so lange her. Und ja, ich konnte gut fahren, damals.

Die ersten Schritte auf dem Eis waren etwas wackelig, aber dann ging es gut. Und ich staunte nicht schlecht, als meine Tochter mir um die Ohren fuhr. Und wir hatten schön warm und auch die paar Füdlihopser waren nicht schlimm. Ach, Mami, was hast du auch immer. Leb einfach, geniesse den Moment. "Chasch du eigentlich au schnell fahre, Mami?" Klaro. Und so gab ich Gas den Banden entlang,
so schnell ich konnte, um meiner Tochter zu imponieren.
So schnell wie die Teeniejungs war ich zwar nicht, aber doch stolz auf mich,
dass ich es immer noch gut beherrschte.
Wir hatten viel Spass und kamen uns näher. Meine Tochter und ich.
Dazu brauchte es nur ein bisschen Überwindung und einen Schritt aufs Glatteis.






Kommentare

Schmidi hat gesagt…
Auch in einer Frau drin hat's eigentlich ein kleines Mädchen...

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